Sie ist vorwiegend heiter, selbst das Wappentier Uhu in seiner schlaraffischen Weisheit zwinkert dazu. Natürlich, auch ein Schlaraffe ißt, trinkt und raucht (letzteres besser nicht), hat Frau und Kind, ein Dach über dem Kopf, wohl auch ein Auto und einen Beruf oder vielleicht auch diesen nicht mehr. Das ist biologisch bedingt, teils gesellschaftliches Brauchtum. Aber schon unter Matt. 4.4 steht: „Der Mensch lebt nicht von Brot allein ...“. Demzufolge gibt es ein Herz, das nach einem Stück Romantik verlangt, eben nach dem Augenzwinkern des Uhus.
Der Freundschaftsbund wurde 1859 von Künstlern, Akademikern, Handwerkern und Bürgern vieler Stände in Prag gegründet.
Sie wollten sich gegenseitig mit künstlerischen Vorträgen unterhalten und das Fluidum nutzen zu einem witzig-geistvollen Spiel in Rede und Gegenrede, zum Persiflieren bürgerlicher und bürokratischer Verkrustungen ihrer Zeit wie Ämter- und Standesdünkel. Das gab es damals auch schon.
In einer wahren Schlaraffen-Euphorie pflanzte sich der Uhu-Bund fort, in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Ländern Europas und schlußendlich über den ganzen Globus.
Heute gibt es Schlaraffia weltweit an 259 Orten, schlaraffisch „Reyche“ genannt, mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Der Erfolg liegt sicherlich darin begründet, daß die Schlaraffia nur für sich selbst da ist und die zwangsläufig selbstzerstörenden Faktoren wie Beruf, Religion, Politik und profane Geltungssucht ausklammert.
Unter Schlaraffischen Freunden
Ein Schlaraffe ist überall in der Welt unter Freunden. Das ist ein besonderes Merkmal Schlaraffias: Wer oft unterwegs ist, wird es als wohltuend empfinden, die Abende nicht im Hotel verbringen zu müssen, sondern mit Freunden zusammensein zu können.
„Sippen“ nennen wir das. Schlaraffen besuchen sich gegenseitig, sei es im Nachbar- oder weiter entfernten „Reych“, um Freunde wiederzusehen und um Freude am schlaraffischen Spiel zu erleben.
Übrigens: Schlaraffen erkennen sich an der Rolandnadel, einer kleinen weißen Perle am Revers und am Auto ist meistens ein Uhu-Aufkleber am Heck
Schlaraffia ist keine Faschingsgesellschaft und hat mit solchen nichts gemein.
Schlaraffen treffen sich einmal wöchentlich in der „Winterung“, das ist die Zeit zwischen 1. Oktober und 30. April.
Zunächst könnte man den Eindruck eines großen, lebhaften und farbenfrohen Stammtisches haben - und etwas von der ungezwungenen Vertrautheit eines Stammtisches ist die Pforte zur Schlaraffia. Aber dann öffnet sich die bunte Vielfalt einer „Sippung“ mit Eröffnungslied, Begrüßung der Gäste aus anderen „Schlaraffenreychen“ in Rede und Gegenrede. Jeder ist Akteur oder Komparse. Schlaraffia lebt vom Mittun.
Viele Abende stehen unter einem bestimmten Thema.
Eine Liste wird herumgereicht und wer etwas vortragen möchte, schreibt sich ein: Zum Beispiel ein Beitrag in Prosa, Versform oder musikalisch, selbst-gemacht oder aus schlauen Büchern, ernst oder humorvoll, Dichtung oder Wahrheit. Jeder kann, keiner muß.
Ihre Lebendigkeit erhält die Sippung durch das schlagfertige Wort, „das Spiel mit dem goldenen Ball“ wie wir es nennen und durch die Pflege der drei schlaraffischen Ideale: Kunst, Humor und Freundschaft.
Schlaraffisches Ceremoniale
Die Gründer der Schlaraffia haben die Szenerie ihrer Treffen verlegt in ein idealisiertes Rittertum. So entstanden sog. Helme, Schärpen, Orden und Ritternamen als Insignien wohlmeinend-persiflierter Weltanschauung.
Die Ritternamen sind Fantasiegebilde und meist kluge Wortspielerein.
Die Sprache in Schlaraffia, egal wo in der Welt, ist deutsch, durchsetzt mit Ausdrücken unseres Schlaraffenlateins, das in der klassischen Vorzeit, dem Mittelalter, der Neuzeit und dem Humor ihrer Schöpfer wurzelt, wie einige Beispiele zeigen:
Vereinslokal=Burg
Rednerpult=Rostra
Vortrag=Fechsung
Vereinsabend=Sippung
Auto=Benzinroß
Geld=Mammon
Übrigens der schlaraffische Gruß zu jeder Tageszeit, aber auch ein Bravoruf = Lulu.
Die Spielregeln, einheitlich für alle Schlaraffenreyche, sind im Schlaraffen-Spiegel und Ceremoniale festgelegt. Danach nimmt jede Sippung ihren Lauf, gelenkt von einem Oberschlaraffen, dem ein „Hofstaat“ zur Verfügung steht. Dazu gehören Kanzler, Marschall, Junkermeister, Ceremonienmeister, Schatzmeister, Mundschenk, Truchsesse und Hofnarr, um nur einige zu nennen. Und wozu? - Sie sind Rollenträger des schlaraffischen Spiels, Akteure für den Zweck des schlaraffischen Spiels, dieses unterhaltsam, originell und fröhlich werden zu lassen.
Schon die begleitenden Worte des Mundschenks beim Begrüßungstrunk, das Protokoll des Marschalls und der Willkommensspruch des Ceremonienmeisters stimmen auf den Abend ein.
Schlaraffia und die Frau
Schlaraffia ist ein Männerbund. Aber das ist nicht gleichbedeutend damit, daß Schlaraffia nicht auch für unsere Frauen und Familien da wäre.
Das zeigt sich bei den Werdenfelsern bei der Uhubaumfeyer, oder bei der Sonnenwendsippung, bei denen wir uns mit heiteren oder auch nachdenklichen Vorträgen mit Humor und Musik, in gemeinsamen festlichen Veranstaltungen in Szene setzen.
Auch auch bei den Veranstaltungen im Sommer, der sippungslosen Zeit, bei Ausflügen oder kulturellen Veranstaltungen ist selbstverständlich die Damenwelt dabei.